PAUL SONDEREGGER

SCHAUSPIELER • SPRECHER • SPRECHTRAINER • REGISSEUR

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Lesung 
 Jules Verne 
 IN 80 TAGEN UM DIE WELT

An acht Samstagen durchqueren wir mit Phileas Fogg und seinem Diener Passepartout die Länder Europas, Afrikas, Asiens und Amerikas mit allen Sinnen: mit den Augen durch die Ausstellungen des Museums, mit den Ohren durch die Kapitel des Romans und mit dem Magen durch die Küchen der bereisten Kontinente. eßkultur serviert landestypische Gerichte nach dem Motto „Gegessen wird, was im Buche steht“. Es gibt Kostproben der englischen Küche und dem Orient, Tamarinden in Indien, Mangostanen in der Straße von Malakka und amerikanisches Fastfood im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Auf der Etappe von Hongkong nach Yokohama werden selbst Schiffszwieback und Konserven nicht verschmäht.

Termine

10.1. – 28.2.2004
2.10. - 20.11.2004
8.1. - 26.2.2005
24.9. - 12.11.2005
14.1. - 4.3.2006
13.1. - 3.3.2007
12.1. - 1.3.2008
10.1. - 28.2.2009
9.1. - 27.2.2010
15.1. - 5.3.2011
7.1. - 25.2.2012
12.1. - 2.3.2013
11.1. - 1.3.2014
10.1. - 28.2.2015

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Nordkurier Neubrandenburg, 15. Januar 2011
Bericht von Birgit Langkabel

Genussvolle Berliner Weltreise

Der populäre Roman "In 80 Tagen um die Welt" von Jules Verne hat eine Berliner Unternehmerin zu einer besonderen Veranstaltungsreihe inspiriert.

Ein Engländer pflegt nie zu scherzen, wenn es um etwas so Ernstes wie eine Wette geht", konstatiert ein pedantischer Gentleman in einem Londoner Club im Oktober 1872. Autor Jules Verne legte dies einst Phileas Fogg in den Mund, um in seinem berühmten Roman "In 80 Tagen um die Welt" den Auftakt zu einer literarischen Reise zu geben, die schon Millionen Menschen verzückt verschlungen haben.

Begeistert von der turbulenten Tour des Phileas Fogg und seines Dieners Passepartout ist seit langer Zeit Birgitt Claus. Die Berliner Veranstalterin hat vor acht Jahren aus dem Sujet eine Reihe entwickelt, die ab heute in die zehnte Auflage geht. Gemeinsam mit "Vorleser" Paul Sonderegger lädt Birgitt Claus zur kulinarischen Weltreise ins Ethnologische Museum Berlin-Dahlem. Die Idee dahinter ist nahezu genial: Neben dem Hör-Genuss der Romankapitel gibt es Führungen durch die entsprechenden Abteilungen des riesigen Museums, im Restaurant des Museums wird zubereitet, was im Buch steht – Köstlichkeiten aus aller Welt erwarten "kulturhungrige" Besucher. An acht Sonnabenden bis in den März hinein können die sich verwöhnen lassen – oder natürlich einzelne Veranstaltungen buchen.

"So viele schöne Geschenke auf einmal", schwärmte im vergangenen Winter Regine Seidler, die gemeinsam mit ihrem Sohn Adam in Dahlem an einem Abend Indien bereist hatte. "Jemand liest dir vor, du wirst bekocht, du kommst ins Museum." Die Berlinerin Friederike Arndt meinte: "Der Reiz liegt in der Kombination, es herrscht hier einfach eine tolle Stimmung." Eine "Wiederholungstäterin" sei sie, habe schon mehrfach mit ihren Kindern die Lesungen besucht. Paul Sonderegger, bekannt auch als Moderator und Sprecher der ARD-Kulturradioprogramme, lese hervorragend, ganz ohne Ehrfurcht vor der hohen Kunst und ansprechend für jedermann, so Friederike Arndt.

Birgitt Claus und Paul Sonderegger teilen ebenfalls Komplimente aus: "Das Schönste ist, wenn Leute, die davon gehört haben, dann immer wieder kommen. Wir haben jedes Jahr auch Besucher, die alle acht Veranstaltungen erleben."

So versammelt sich allsonnabendlich eine muntere Schar im Foyer des Museums. Treffpunkt ist an einer Standuhr. Diese Uhr wird zum Begleiter. Sie symbolisiert die Wette, steht für den Lauf der Zeit. Auf Rollen wird sie durch die "mitspielenden" Museums-Abteilungen gekarrt und landet auch immer wieder auf der kleinen Bühne im Restaurant. Paul Sonderegger dreht manchmal an ihren Zeigern – Jules Verne hat es in seinem Roman minutiös vorgegeben. "Dass unsere Besucher mir beim Uhr-Transport ab und an helfen müssen, schweißt unsere Reisegruppengemeinschaft zusammen", sagt der 42-Jährige.

Die Spielidee, das Rezept des Ganzen, geht an jedem dieser Nachmittage auf. Schwarz gewandet wird Paul Sonderegger zu Phileas Fogg, die 47-jährige Birgitt Claus gibt die "Reiseleiterin Passepartout",begrüßt die Gäste, verteilt Fahrkarten, die bei jeder "Reise" jeweils einen neuen Stempel erhalten. Wer die gesamte Tour mit ihren acht Stationen absolviert hat, bekommt ein Souvenir von Birgitt Claus. Seit 2001 hat die gebürtige Düsseldorferin mit ihrer Firma "eßkultur" die gastronomischen Orte des Museums-Ensembles in Dahlem gepachtet. Aus ihrer Leidenschaft machte sie 1998 einen Beruf. "Ich bin ausgebildete Krankenschwester und wollte dann eigentlich Lehrerin werden", erzählt sie. Ihre Examensarbeit mit dem Titel "Japanische Esskultur am Beispiel der Sushi-Zubereitung" war eine Art Offenbarung – das Essen und Trinken, die kulturellen Hintergründe und die Geschichten drumherum haben es ihr nachhaltig angetan. Hinzu kommt Birgitt Claus’ großes Talent, kurzweilig, ja höchst amüsant Wissen vermitteln zu können. "Wer isst was, wann, wo, mit wem, warum und wie?", ist ihr Motto für die "eßkultur-Touristen".

So erfahren die Zuhörer bei den mehrgängigen Menüs zum Beispiel, was es mit der sehr alten englischen "Reading-Sauce" auf sich hat, ob Inder Katzen essen oder wie 1872 Fast Food aussah. "Sein Mittagessen bestand aus einem Hors d‘oevre, gedämpftem Fisch mit einer exquisiten Reading Sauce, scharlachrotem Roastbeef garniert mit scharf gewürzten Pilzen, einem Kuchen mit Stachelbeer-Rhabarberfüllung und einem Stück Chesterkäse", heißt es bei Jules Verne im dritten Kapitel. Genau daran halten sich Birgitt Claus und ihre Mitarbeiter in der Küche.

Im dritten Teil – Kalkutta – wird zur traditionellen Suppe Mulligatawny gebeten, es gibt Tamarinden und Rosencreme. Exotisch sind auch das Indische Kaninchenfrikassee, der Chinesische Fischtopf und die Austernsuppe. Die Rezepte zur Reise hat Birgitt Claus in einer Broschüre zusammengestellt, "als Dankeschön für die Begeisterung unserer Besucher und für die eigene kulinarische Weltreise zu Hause", wie sie sagt. Doch damit nicht genug. Über das Speisen und die Exkurse zu Zubereitungen und Essgewohnheiten hinaus, vermittelt die Unternehmerin Kulturgeschichte. Wer mag, kann auf der ersten Etappe das Kartenspiel Whist erlernen – Phileas Fogg widmet sich ihm fast täglich – oder kann Kraniche aus Papier falten, während im Roman Herr und Diener durch Japan eilen.

Für die wissbegierige, ideenreiche Birgitt Claus ist die Zusammenarbeit mit dem Museum eine Erfolgsgeschichte. "Das ist, überspitzt formuliert, ein wenig so nach all den Jahren, als würden der Frau von der Küche die Japanologen und Amerikanisten zu Füßen liegen", beschreibt es Paul Sonderegger voller Bewunderung. "Ihre Ideen und das Wissenschaftliche greifen einfach gut ineinander." Viele Aha-Erlebnisse werden Groß und Klein zuteil durch die Museums-Experten: Kerstin Bragenitz begeistert staunende Kinder mit ihren Erzählungen über die Jagden der Inuit auf Robben und Eisbären, Peter Junge, Leiter der Afrika-Abteilung, berichtet spannend über das Wunderbauwerk Suezkanal, und Indologin Kati Weise erklärt den Hinduismus so sinnlich und bildhaft, dass ihr Vortrag ihr tosenden Applaus einbringt.

"Es ist schon genial, die Berliner und die Zuhörer von außerhalb immer wieder aufs Neue fesseln zu können", freut sich Paul Sonderegger auf die nächste Runde. Sein Vorlesebuch ist abgegriffen und voller Notizen. Hörbar Freude bereiten dem Schauspieler die dramatischen Passagen: "In der Opiumhöhle von Hongkong und beim Überfall der Indianer geht es richtig zur Sache. Und bei der Wette am Anfang fetzen sich die Herren richtig", verrät er seine Lieblingspassagen. Das Publikum folgt ihm mit angehaltenem Atem, so scheint es, wenn er sechs Männer lesend mimt – jedem der Reform-Club-Herren einen eigenen Charakter gibt. Die ernsthafte Wette des knöchernen Gentleman Phileas Fogg – sie beschert alljährlich in Berlin etlichen Frauen, Männern und Kindern ein besonderes Vergnügen.